Ziel

Neben dem Schutz der Frauen und der Heilung von ihren traumatischen Erlebnissen ist unser vorrangiges Ziel eine gelingende Integration. Wir möchten den Frauen ihre Würde zurückgeben und ihnen Wertschätzung und Liebe vermitteln, Familienersatz für sie sein und einfach für sie da sein, wo immer sie uns brauchen.

Zahlen zum Thema Gewalt gegen Frauen

Gewalterlebnisse sind keine Erfahrung Einzelner. Eine Studie der Europäischen Agentur für Grundrechte (FRA) aus 2014 teilt mit, dass ein Drittel der Frauen zwischen 15 und 74 Jahren in der Europäischen Union ‚körperliche und/oder sexuelle Gewalt‘ erfahren hat. Das entspricht 62 Millionen Frauen. Im Jahre 2017 gab es laut Bundeskriminalamt in Deutschland 138.893 Fälle von Partnerschaftsgewalt, wovon 82 % Frauen betroffen waren. Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung waren über 98 % der Betroffenen Frauen. Dies sind nur die Zahlen aus dem so genannten Hellfeld. Das Dunkelfeld wird vom Familienministerium mit 80 % eingeschätzt. 2017 hat jeden dritten Tag ein Mann seine (Ex-)Partnerin getötet.

Arabic eyes

Perlenschatz spezialisiert sich auf die Bedürfnisse von Migrantinnen

Schon vor der großen Flüchtlingsbewegung ging aus einem Bericht der Bundesregierung hervor, dass durchschnittlich 50 % der Frauen in deutschen Frauenhäusern Migrationshintergrund haben und „da die Betroffenen häufig sehr jung sind und noch keine selbständige Lebensführung erlernt haben, ein spezifischer, sehr intensiver Betreuungsbedarf“ besteht, „der die Frauenhäuser vor besondere Herausforderungen stellt“.* Für Frauen mit Migrationshintergrund besteht ein „signifikant höheres Gewaltrisiko“. Zu diesem Schluss kam eine repräsentative Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend‚ „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“. Und laut Weltgesundheitsorganisation sind Frauen aus Asien und dem Nahen Osten besonders von Gewalt betroffen.

Perlenschatz spezialisiert sich in seiner Zufluchtsstätte auf die Bedürfnisse von Migrantinnen.

Warum ist die Flucht aus dem Gewaltsystem für Migrantinnen so schwierig?

Opfer häuslicher Gewalt sind meist sozial sehr isoliert und fühlen sich dadurch hilflos. Und genau das ist eine der wichtigsten Strategien von Tätern: ihre Opfer zu isolieren, um Beziehung und Gewalt ungehindert fortführen zu können.

Das ist nur ein Grund, warum die Flucht aus Gewaltbeziehungen schwierig ist. Für jedes Opfer. Nicht nur, aber insbesondere für Migrantinnen bedeutet der Ausbruch aus meist patriarchalen Familienstrukturen auch den Verlust des einzigen Beziehungssystems, das sie in Deutschland haben. Vor allem, wenn Betroffene selbst die deutsche Sprache (noch) nicht gut beherrschen. Auch Ängste vor dem Behördendschungel, vor dem Aufbau eines eigenen Lebensunterhaltes, dem Suchen einer eigenen Wohnung und Anmelden der Kinder in Schule oder Kindergarten oder auch die Sorge vor dem Verlust des Aufenthaltstitels (der häufig an die Ehe geknüpft ist) können den Schritt in die Freiheit erschweren. Dazu kommen Ängste vor dem Ruin des eigenen Rufes oder Schuldgefühle, weil die Frau bei Flucht aus der Gewaltsituation Schande über ihre Familie bringen kann. Um diesem Ehrverlust vorzubeugen, verharren Frauen häufig lange im Gewaltumfeld. Der Weg in die endgültige Freiheit ist für viele Frauen ein langer, der Geduld fordert, häufig auch für diejenigen, die ein hohes Maß an Resilienz mitbringen.

Frauen, die in einer autoritären Familie aufgewachsen sind, fällt es nach unserer Erfahrung häufig schwer, wenn sie plötzlich eigene Entscheidungen für ihr Leben und das ihrer Kinder treffen sollen und sie brauchen deshalb mehr Unterstützung. Nicht nur deshalb ist es sinnvoll, dass sie bei uns Tür an Tür mit unseren Hauseltern zusammenleben.

Individualistische und kollektive Identitäten

Eine Sozialpädagogin mit pakistanischem Migrationshintergrund, die uns anfangs häufiger beraten hat, arbeitete viele Jahre in einem Projekt mit ausschließlich Mädchen und Frauen aus patriarchalischen Familienstrukturen. Ihr Resümee: „Die Strukturen in regulären Frauenhäusern verlangen eine Selbstständigkeit, der viele der – nicht individualistisch geprägten – Frauen nicht gewachsen sind. Sie haben noch nicht die Selbstständigkeit, die dort gewöhnlich verlangt wird.“ Was man selbstverständlich nicht verallgemeinern darf, denn es gibt auch viele reguläre Frauenhäuser in Deutschland, die einen hohen Anteil von Migrantinnen haben und sich längst auf diese Herausforderungen eingestellt haben.

Eine junge Betroffene, die wir aufgenommen haben, empfand es so, bevor sie den Absprung in die Freiheit geschafft hat: „… Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich will hier weg und doch sind das meine Eltern. Ich habe Angst, wenn ich gehe, dass ich am Ende ganz alleine bin. Mir wurde mein Leben lang gesagt, was ich tun und sagen soll, wo ich wann zu sein habe und wer mir wichtig sein sollte. Ich bin sozial so inkompetent und habe ständig Angst …“

Perlenschatz arbeitet religions- und kultursensibel und legt seinen Schwerpunkt auf eine längere und intensivere Begleitung. Wir möchten unsere Schützlinge fördern und fordern. Familiäre Wohnstrukturen fangen die Frauen auf, bevor sie Schritt für Schritt in die Selbstständigkeit geführt werden. Dazu gehören konkrete Lebenshilfe und das Angebot einer Traumatherapie, Integrationsseminare und Workshops zum Erlernen interkultureller Kompetenz. Ausgewählte Paten aus gut integrierten Migranten- oder deutschen Familien sollen den Frauen auch nach ihrem Auszug in eine eigene Wohnung noch als Ratgeber zur Verfügung stehen. Wir freuen uns über Rückmeldungen unserer Schützlinge, die zeigen, dass die familienähnliche Atmosphäre bei uns geschätzt wird und hilfreich für sie ist.

Ergänzung zu regulären Frauenhäusern

Mit unserem Konzept möchten wir für deutsche Frauenhäuser gerne eine Ergänzung sein und freuen uns über jede Form der Zusammenarbeit. Zumal es in Deutschland viel zu wenige Frauenhausplätze gibt und diese Situation angespannt bleibt, weil Schutzbedürftige aufgrund der schwierigen Wohnungssituation häufig länger als nötig in Frauenhäusern leben müssen. Danke an der Stelle an alle Beratungsstellen und Frauenhäuser, die mit uns kooperieren. Uns geht es gemeinsam vor allem um eines: Das Wohl von Frauen, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind.

Finanzierung ohne öffentliche Zuschüsse

Eine Ergänzung ist Perlenschatz noch aus anderem Grund: Da wir uns ohne öffentliche Zuschüsse aus Spenden finanzieren müssen, können wir unbürokratisch sein. Schon kurz nach der Gründung rief die Leiterin eines Frauenhauses aus Süddeutschland an: „Wie gut, dass es Perlenschatz gibt! Etwas Derartiges gibt es sonst nicht. Endlich ist Hilfe in Aussicht für Frauen, für die es keine Finanzierungszusage gibt. Ohne sie dürfen wir keine Frauen aufnehmen.“ Das höre ich häufig. Doch manchmal muss es schnell gehen. Und manchmal gibt es aufgrund verschiedener Umstände überhaupt keine Finanzierungszusage. In einem Fall holten wir mit einer Anfahrt von zwei Stunden eine Frau bei einer Polizeistation ab und wurden empfangen mit den Worten: „Ich habe mindestens 14 Frauenhäuser angerufen.“ Auf die Frage, ob es keinen freien Platz gab, antwortete der Polizist: „Das schon, aber die erste Frage war immer die nach der Finanzierung. Sie waren die einzige, die diese Frage nicht gestellt hat.“

Perlenschatz möchte Zufluchtsstätten aufbauen für unterdrückte, verfolgte und missbrauchte, von psychischer, körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffene Mädchen und Frauen und ihre Kinder. Wir begleiten sie in die Freiheit und in ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Stärke bis zur Integration in Deutschland und helfen ihnen, sich und ihr Potenzial angstfrei zu entfalten. Dabei gründet Perlenschatz sich auf soziale und christliche Werte und orientiert sich an dem wertschätzenden christlichen Menschenbild, das – wie im deutschen Grundgesetz verankert – die Würde aller Menschen für unantastbar hält (Bezug auf Artikel 1 des Grundgesetzes).

*Quelle: Bericht der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder